Wenige Tage vor seinem 36. Geburtstag nahm sich der Shootingstar der Schweizer Literaturszene Arno Camenisch, der bereits zu Lebzeiten in mehr Sprachen als Friedrich Dürrenmatt übersetzt wurde, Zeit, seine neuen Heimat Biel und sein zu Hause zu zeigen.
Wie begann ihre Schriftstellerkarriere?
Nach einer zweijährigen Weltreise und drei Jahren Madrid, begann ich am Schweizerischen Literaturinstitut vor Ort zu studieren und mein literarisches Schreiben, mit dem ich erst mit 20 Jahren anfing, weiterzuentwickeln. Ausserdem lebt meine sechsjährige Tochter hier bei ihrer Mutter und sie ist regelmässig einige Tage bei mir. Sprach ich zu Hause in Tavanasa Graubünden Mundart und Rätoromanisch, kam für mich noch das Französisch hinzu. Heute höre ich auf der Strasse und in den Geschäften viele Sprachen, 140 sollen es sein, da Biel sehr multikulturell ist. Ausserdem liebe ich an dieser Stadt den Sommer. Denn ich lese für das Publikum meist im Herbst und Winter und im Rest des Jahres schreibe ich und alle Bieler sind im Sommer am See, sind aufgestellter, weil der Nebel verschwunden ist und als Mensch, der das Licht liebt, beim Schreiben alle Lampen anmacht, ist es dann angenehm in der Altstadtwohnung zu arbeiten. Dann setze ich den Kopfhörer auf, den es muss ganz still sein und mache mich an die neuen Sätze.
– Sie sind im Sternzeichen Wassermann geboren, für den gilt: Was ist der Einzelne, wenn es um das Wohlergehen Vieler geht? Wurden Sie Autor um sich selber zu vergessen?
Nein, ich komme aus keiner Künstlerfamilie und beim Schreiben geht es mir immer auch um den Leser. Ich stelle mir Fragen und suche nach Antworten. Ich habe auch eine Distanz zum Stoff. Allerdings vergesse ich mich ganz, wenn ich schreibe. Wäre sicher mal lustig, aus Neugier diesen Prozess fotografisch festzuhalten, denn ich kann mich an nichts mehr erinnern, wie ich mich verhalten habe, nachdem ich geschrieben habe.
– Biel ist nicht modern, wirkt stellenweise heruntergekommen. Wäre Fred und Franz, das neuste Buch, wo es um eine Begegnung zweiter Leser und Freunde von der Sauna ins Cafe geht ohne Biel nicht möglich gewesen?
Die Geschichte könnte überall spielen. Für mich war es wichtig im Leben aus dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, rauszugehen, mir dadurch Distanz zu schaffen, geografischer und zeitliche. Doch die Sprache der Jugend behält man stets in sich und ich habe mich in den fünf Jahren, die ich publiziere, mit dem Leben der Leute aus der Gegend, aus der ich herkomme, auseinandergesetzt. Interessant ist, das dies auch in Spanien, Niederlande oder Polen und Russland, wo ich gerade gelesen habe, verstanden wird.
– Anders als Dürrenmatt, der stets zu viel ass und Peter Bichsel, der stets zu viel trinkt, wirkt ihr Gesicht nicht verlebt und wie ein James Dean der Schweiz der schreibt. Ist ihre Tochter ihr Halt im Leben?
Mit der Zeit entwickelt man etwas mehr Gelassenheit.Ich stehe gerne am Morgen auf und setzte mich an mein Schreibtisch aus massivem Holz. Aber ich liebe auch die Einfachheit. Besitze hier in der Bieler Wohnung nur wenige Dinge. Meine Tochter ist mir am wichtigsten. Mit ihr ist der Alltag ein anderer und ich unternehme mit ihr oft Sachen abseits des Literaturbetriebes wie letzte Woche Skifahren.
– Haben Sie ein Tick?
Ich trage gerne eine Kappe, eigentlich immer und zu jeder Jahreszeit auf dem Kopf, ausser an den Lesungen, welche ich mit Herzblut gerne mache. Bei den Vorbereitungen für die Auftritte habe ich einen festen Ablauf
– Fred und Franz – eine Lektüre über Sinn und Unsinn der Liebe.Welche Bedingungen haben sie an die Freundschaft und welche an die Liebe?
Es ist alles eine Frage der Haltung und Achtsamkeit gegenüber den Mitmenschen. Liebe scheitert ja oft an einer zu grossen Erwartungshaltung.
www.arnocamenisch.ch
(Das Interview entstand letzten Frühling, doch der Literaturstar Arno Camenisch ist beliebter im In- und Ausland den je)
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